M A T H E   M I T   G I M I
THEORIE  I
THEORIE  II
DIFFERENTIAL-RG
INTEGRAL-RG
Riemann-Integral
Stammfunktion
Hauptsatz
Mittelwertsatz
Uneigentliche Int.
Kurventheorie

2. Stammfunktion

Beschreibt beispielsweise eine Funktion f einen Naturvorgang (Weg-Zeit-Gesetz), so ist man im Verlauf einer Untersuchung häufig an der momentanen Änderung einer physikalischen Größe (Momentangeschwindigkeit) interessiert. Mit der 1. Ableitung von f stellt hierzu die Differentialrechnung das notwendige Instrumentarium bereit.

Erhält man jedoch im Rahmen von Experimenten Werte, die die momentane Änderung der abhängigen Größe messen, so besitzt man zunächst einmal nur einen funktionalen Zusammenhang f zwischen der unabhängigen Variablen und der Änderungsrate der Funktionswerte. Man steht also unversehens vor der Aufgabe, eine Funktion F zu finden, deren Differentialquotient den Meßwerten entspricht.

Im Falle der Existenz nennt man eine solche Funktion F, für die F' = f ist, eine Stammfunktion von f - und wohlgemerkt: nicht die Stammfunktion von f. So ist etwa für jede reelle Zahl C sin(x) + C eine Stammfunktion von cos(x). Sind also F und G Stammfunktionen ein und derselben Funktion f, so darf man keinesfalls schließen, daß F = G sei. Jedoch weiß man, daß deren Differenz eine Konstante ist.

Übrigens: Das Differential der Stammfunktion ist dF(x) = f(x) dx, was natürlich äquivalent zu F'(x) = f(x) ist.

Mit den Kenntnissen aus der Differentialrechnung sind wir bereits in der Lage, eine Tafel von elementaren FUNKTIONEN MIT IHREN STAMMFUNKTIONEN aufzustellen, die man sich merken sollte. Damit ist freilich das angesprochene Grundproblem, wie zu einer vorgegebenen Funktion f eine Stammfunktion F zu bestimmen sei, bei weitem noch nicht gelöst.

Daher wollen wir uns zur Motivation nochmals daran erinnern, daß im Abschnitt Riemann-Integral die Ableitungen der Flächenfunktionen den Ausgangsfunktionen entsprachen. Dieses Resultat war übrigens schon Leibniz und Newton bekannt und wird Satz von Leibniz und Newton genannt. Flächenfunktionen (oder: variable Flächeninhalte) sind also für uns die ersten Beispiele von Stammfunktionen, die wir berechnet hatten - und zwar über einen Grenzwertprozeß.

Welcher Zusammenhang nun in der Tat zwischen Riemann-Integral und Stammfunktion besteht, wollen wir im Abschnitt Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung genauer untersuchen. Dabei werden wir unter anderem die Aussage

Stetige Funktionen besitzen eine Stammfunktion

nachweisen können, die sich aus der Sicht der Lebesgue-Integration allerdings etwas anders darstellt, wenn eben nur noch die Integrierbarkeit von f voraus gesetzt wird.

 

Dipl.-Math. Manfred Gimmler  | mathe@gimi.de