6. KURVENTHEORIE
6.1 LÄNGE EINES FUNKTIONSGRAPHEN IN DER EBENE
6.2 BOGENLÄNGE UND KRÜMMUNGSRADIUS
6.3 KURVEN IM N-DIMENSIONALEN RAUM UND IHRE PARAMETERDARSTELLUNG
6.1 LÄNGE EINES FUNKTIONSGRAPHEN IN DER EBENE
In diesem Abschnitt werden wir sehen, unter welchen Voraussetzungen an eine Funktion f: [a,b] -> IR ihrem Graphen
G(f) = {(x/y) / x aus [a,b] und y = f(x)}
eine Länge zugeordnet werden kann. Dabei stützt man sich - ähnlich wie bei der Flächenberechnung - auf einen Grenzwertprozeß. Die Idee hierzu ist bereits in dem obigen Schaubild dargestellt. Wie und unter welchen Voraussetzungen die Länge einer durch eine Funktion erzeugten Kurve ermittelt werden kann, findet ihr unter LÄNGE EINER EBENEN KURVE. Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, daß dies eine sehr spezielle Betrachtung ist.
So beschäftigt sich die Differentialgeometrie ganz allgemein mit Kurven und Flächen sowie deren Krümmungseigenschaften. Dort werden allerdings Kurven nicht mehr durch eine Funktionsgleichung y = f(x) dargestellt, da bereits eine einfache Kurve wie etwa die Kreislinie keine solche Darstellung besitzt. Wir werden daher im 3. Abschnitt noch kurz auf diesen Sachverhalt zu sprechen kommen. Zudem wird in einer Funktionsgleichung lediglich das Abhängigkeitsverhältnis der Koordinaten x und y beschrieben und die geometrischen Elemente Bogenlänge s und Krümmungsradius r tauchen nicht auf. Diese beiden Elemente aber sind gerade typisch für die Form einer Kurve, die sich stets in der Form F(r,s) = 0 angeben läßt. Alle Kurven nämlich, die einer solchen natürlichen Gleichung F genügen, unterscheiden sich lediglich durch ihre Lage in der Ebenen.
6.2 BOGENLÄNGE UND KRÜMMUNGSRADIUS
Ohne die tiefer liegenden Ergebnisse der Differentialgeometrie eingehender zu diskutieren, wollen wir dennoch den 6. Paragraphen zum Anlaß nehmen, die beiden genannten geometrischen Elemente Bogenlänge und Krümmung bei von Funktionen erzeugten Kurven ein wenig zu beleuchten.
Bereits im Kapitel Differentialrechnung ist das Krümmungsverhalten einer Funktion bei der Frage nach der Existenz von Extrempunkten untersucht worden. Dort reichte allerdings die Kenntnis, ob Rechts- oder Linkskrümmung vorliegt, völlig zu deren Beantwortung aus.
Daß Kurven im Allgemeinen in jedem Punkt eine unterschiedliche Krümmung aufweisen, legt schon die Anschauung nahe. So fällt etwa bei der Normalparabel mit zunehmendem x die Krümmung immer schwächer aus. Ein "Maß" aber, das uns angibt, wie "stark" eine Kurve in einem Punkt gekrümmt ist, fehlt uns bis jetzt noch. Die zweite Ableitung ist es gewiß nicht; denn dann müßte etwa die Parabel aufgrund ihrer konstanten zweiten Ableitung in jedem Punkt dieselbe Krümmung aufweisen.
Beginnen wir daher zunächst einmal mit der Betrachtung von Kreisen, deren Krümmungsverhalten einfach zu erfassen ist. So besitzt offenbar ein Kreis in jedem seiner Punkte dieselbe Krümmung. Ebenso klar ist auch, daß ein Kreis mit Radius R schwächer gekrümmt ist als ein Kreis mit Radius r, wenn r < R ist.
Zeichnen wir nun von einem gegebenen Kreis in zwei beliebigen Kurvenpunkten P und Q die Normalen, so stellen wir fest: Das Verhältnis aus Schnittwinkel a der beiden Normalen zu entsprechendem Bogenstück s(P,Q) ist stets konstant - also
a/s(P,Q) = const.
Unter BOGENLÄNGE UND KRÜMMUNG werden wir sehen, daß genau dieses Verhältnis zur Definition der Krümmung taugt. Sie wird nämlich als Änderung des Schnittwinkels a in Abhängigkeit von der Änderung der Bogenlänge s aufzufassen sein.
Ähnlich wie die Tangente an den Graphen einer differenzierbaren Funktion die Steigung im Berührpunkt beschreibt, so verdeutlicht der Krümmungskreis an den Graphen einer zweimal differenzierbaren Funktion die Krümmung im Berührpunkt. Er stellt den Kreis dar, der dort den Funktionsgraphen am besten annähert. Mehr dazu erfahrt ihr unter KRÜMMUNGSKREIS UND KRÜMMUNGSRADIUS.
Wie bereits erwähnt: Im Allgemeinen ändert sich die Krümmung mit der Lage des Kurvenpunktes. Somit besitzt jeder Kurvenpunkt auch unterschiedliche Krümmungskreise. Deren Mittelpunkte durchlaufen eine Kurve, die als EVOLUTE bezeichnet wird. Sie ist stetig, da die zu Grunde liegende Funktion f zweimal stetig differenzierbar ist. Konstruktiv gesehen stellt die Evolute die Einhüllende der Normalen dar. Unter dem voran gehenden Link sind unter anderem die Evoluten zur Normalparabel, zur Ellipse und zur Schleppkurve (Traktrix) zu finden. Im Netz findet ihr HIER ein schönes Applet zur Evolute einer Parabel.
6.3 KURVEN IM N-DIMENSIONALEN RAUM UND IHRE PARAMETERDARSTELLUNG
In den beiden vorher gehenden Abschnitten hatten wir ausschließlich Kurven betrachtet, die von Funktionen erzeugt wurden. Das ist natürlich eine sehr eingeschränkte Sichtweise, da im Allgemeinen Kurven sich nicht vollständig durch Funktionen beschreiben lassen, die ja bekanntlich jedem Element des Definitionsbereiches genau ein Element des Wertebereiches zuordnen.
Der dritte Abschnitt dieses Paragraphen soll daher genutzt werden, Kurven einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten. So werden wir - wie dies auch in der Differentialgeometrie geschieht - eine Kurve als eine Äquivalenzklasse von sogenannten Pfaden auffassen. Die Pfade selbst werden dabei als PARAMETERDARSTELLUNG EINER KURVE angesehen.
Nun erwartet man natürlich, daß die geometrischen Eigenschaften einer Kurve (Länge, Krümmung etc.) unabhängig von ihrer Parameterdarstellung sind. Dies ist in der Tat auch der Fall. So könnt ihr unter dem folgenden Link nachlesen, daß die LÄNGE EINER KURVE in sinnvoller Weise über die Pfadlänge definiert werden kann. Darüber hinaus werdet ihr dort Längenbestimmungen zum Parabelbogen, zur Schleppkurve, zur Kettenlinie, zur gewöhnlichen Zykloide und zu anderen Kurven finden.